Interkulturelle Kompetenz als Mehrwert für das Kölner Handwerk
von Roberto Lepore • Artikel im ZMI Magazin 2024, S. 31
Köln ist bunt, vielfältig, tolerant, pulsierend und geprägt durch unterschiedlichste interkulturelle Einflüsse sowie durch das einzigartige Lebensgefühl der Stadt selbst. Hier vermischen sich die Kulturen und Sprachen aus aller Welt, hier ist Mehrsprachigkeit längst etabliert und das Sprachenspektrum bedeutend groß. Knapp ein Viertel der Kölner:innen hat ausschließlich eine ausländische Staatsangehörigkeit und etwas weniger als die Hälfte internationalen Hintergrund. Damit liegt Köln, im Hinblick auf die internationalen Hintergründe der Einwohner:innen, über dem Durchschnitt der Gesamtbevölkerung in Deutschland, dieser liegt bei knapp einem Drittel.
Zuwanderung und Mehrsprachigkeit sind die Normalität in dieser pluralen, heterogenen und postmodernen Stadt. Die Zugehörigkeit und die Teilhabe von Menschen mit internationalen „Wurzeln“ werden hier tagtäglich gelebt und stehen auch für die Authentizität und Offenheit der Rheinmetropole. Köln überzeugt durch seine Lebensqualität und -freude, die breite Auswahl an Kultur- und Freizeitangeboten sowie durch attraktive und ausgezeichnete berufliche Perspektiven. Viele Menschen mit internationalem Hintergrund haben hier ihre neue – auch berufliche – Heimat gefunden, unter anderem im Kölner Handwerk, denn hier bieten sich für diese exzellente Karriere- und Zukunftsperspektiven.
Das Kölner Handwerk leistet seit Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur Inklusion von Menschen mit internationalem Hintergrund und bietet in vielen Gewerken einen leicht zugänglichen Einstieg in den ersten Arbeitsmarkt. Im Handwerk sind Menschen unterschiedlichster Nationalitäten und Herkunftsstaaten beruflich tätig. Sie sind Auszubildende, Gesell:innen sowie Meister:innen und haben ihren Platz als Fach- und Führungskräfte gefunden. Mit ihrer Mehrsprachigkeit, ihren kulturellen Einflüssen sowie mit ihren in Teilen im Ausland erworbenen „Craft-Skills“ sind sie für die Region eine immense Bereicherung und aus dem „Ökosystem Handwerk“ nicht mehr wegzudenken.
Ein großer Anteil von Menschen mit internationalem Familienhintergrund in zweiter und dritter Generation ist hier aufgewachsen und hat das deutsche Schulsystem, eine berufliche Ausbildung sowie eine berufliche Fortbildung durchlaufen. Ein anderer Anteil ist in erster Generation zugewandert und hat den Weg ebenfalls in das Unternehmer:innentum oder in die Beschäftigung im Handwerk gefunden. Mit ca. 65.000 Beschäftigten und rund 5.000 Auszubildenden erwirtschaftet das Kölner Handwerk jährlich einen Umsatz von ca. 8 Mrd. Euro. Damit ist das Handwerk der mit Abstand wichtigste Wirtschaftsfaktor, der die meisten Arbeits- und Ausbildungsplätze in Köln bietet.
Aus Sicht des Handwerks ist es eine Selbstverständlichkeit und unabdingbare Voraussetzung für eine erfolgreiche Inklusion, dass Menschen unabhängig von ihrer Herkunft, ihrer Muttersprache und ihrer Religion erwerbstätig sein können und ihre berufliche Heimat finden. Das Handwerk ist ein sozial engagierter Wirtschaftsbereich, der über integrative Strukturen und hoch professionelle Netzwerke im Bildungsbereich verfügt. Hier sind praxis- sowie anwendungsnahe Tätigkeiten stark ausgeprägt. Hinzu kommen familiäre und flache Strukturen, die es ermöglichen, Menschen mit niedrigerem Bildungs- oder Ausbildungsniveau oder mit geringeren Deutschkenntnissen bei diversen Problemstellungen individuell zu unterstützen und somit zur Inklusion beizutragen. Dadurch entwickeln sich perspektivisch weitere Fortbildungs- und Aufstiegsmöglichkeiten. Diese große Inklusionsleistung liegt in der „DNA“ des Handwerks und dies verdanken wir maßgeblich und in erster Linie unseren engagierten Betrieben, die sich aktiv und mit großem Engagement einbringen, um ihren Beitrag zur Lösung der drängenden gesellschaftlichen Herausforderung des Fachkräftebedarfs zu leisten. Auch im Bereich der dualen Ausbildung spiegeln sich das Engagement sowie die Ausbildungsleistung des Handwerks wider, denn der Anteil von jungen Auszubildenden mit internationalem Hintergrund ist im Handwerk im Vergleich zu anderen Wirtschaftszweigen überproportional hoch. Mit diesem ungebrochenen Engagement trägt das Handwerk auch maßgeblich dazu bei, Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen zu verringern.
Eine der größten politischen Herausforderung der nächsten Jahre dürfte es sein, Menschen mit internationalem Hintergrund – mit ihren unterschiedlichen schulischen und beruflichen Vorkenntnissen – auf die Qualifikationsanforderungen in den einzelnen (Ausbildungs-)Berufen vorzubereiten. Denn diese sind in fast allen Gewerken im Handwerk aufgrund von technologischen Neuerungen im Zeitalter des digitalen Wandels stark gestiegen und erfordern immer mehr gut vorgebildete junge und erwachsene Menschen. Dabei sind der Zugang zu und die Teilhabe an Bildung und Arbeit die Schlüssel, um Menschen mit internationalem Hintergrund dauerhaft und mit Perspektive an die Stadt und die Region Köln zu binden. Wir als Wirtschaftsstandort Köln sind deshalb aufgefordert, innovative Wege zu finden, alle Menschen mit internationalem Hintergrund, ob mit oder auch ohne deutsche Schulbildung, unter Einhaltung einer entsprechenden Ausbildungsqualität auf ihrem Weg ins Handwerk zu begleiten. Darüber hinaus sollte es unser Ziel sein, die interkulturellen Kompetenzen jeder einzelnen Person erfolgreich in den (Berufs-)Alltag zu integrieren und auszuweiten. Daran können wir alle gemeinsam arbeiten, in den Dialog treten und dahingehend Verantwortung übernehmen. Denn wir alle, gleich welcher Herkunft, sind es, die tagtäglich ihren Beitrag dazu leisten, dieses Land, diese Stadt, unsere Gesellschaft und unsere Wirtschaft gewinnbringend und gemeinnützig voranzubringen – im Interesse der nachfolgenden Generationen.