Die Geschäftsführung des ZMI hat ihren Jahresbericht für 2019 veröffentlicht. ZMI_Jahresbericht_2019
Mehrsprachigkeit in der frühen Bildung
Sprachfest am 29. Januar 2019
Das Sprachfest des ZMI hat inzwischen schon Tradition und ist über die Stadtgrenzen hinaus bekannt. Am 29. Januar 2019 stand es unter dem Motto „Mehrsprachigkeit in der frühen Bildung“. Im VHS FORUM der Stadt Köln kamen mehr als 150 Akteurinnen und Akteure aus den Bereichen Wissenschaft, Verwaltung, Elementare Bildung und Schule zusammen. Die Bürgermeisterin der Stadt Köln, Elfi Scho-Antwerpes, betonte das große Potenzial der Mehrsprachigkeit und plädierte dabei für eine gezielte Sprachförderung im Elementarbereich, um hierfür möglichst früh den Grundstein zu legen. So müssten Kleinkinder in ihren Stärken gefördert werden, die sie auch in Form von Sprachen mitbringen. In Alltagsgesprächen und beim Spielen erleben die mehrsprachigen Kinder jedoch eine Abwertung ihrer Familiensprachen. Sie nähmen früh wahr, dass Sprachen unterschiedlich bewertet würden und erlebten Hierarchien zwischen Sprechenden. Es entstehe der Eindruck, dass Einsprachigkeit mehr zähle als Mehrsprachigkeit – und das in einer globalen Welt, in der Fremdsprachenkenntnisse eigentlich für den beruflichen Erfolg erwünscht sind.
Das Motto des Sprachfestes war auch das Thema der Festrednerin, Prof.` in Dr. Annick De Houwer von der Universität Erfurt. In ihrem Vortrag ,,Mehrsprachigkeit in der frühen Bildung: Fokus auf das Wohlbefinden von ALLEN Kindern in der Kita“ zeigte sie auf, dass bei Kleinkindern ein Mangel an Wohlbefinden auch die Sprachentwicklung beeinträchtigt, so dass sich Kinder zurückziehen, sich abkapseln, kaum noch kommunizieren und so auch keine Sprache entwickeln können. Sie gab realistische und leicht umsetzbare Methoden für die Erzieherinnen und Erzieher, die bereits mit kleinen pädagogischen Aktivitäten große Wirkung erzielen können. Ein Thema der Fragerunde aus dem Publikum war ihre Einschätzung, dass es zum Anfang der Schulzeit bereits zu spät sein kann, einem Kind einen doppelten oder dreifachen Erstspracherwerb zu ermöglichen, weil eben äußere, von der Familie nicht beeinflussbare Bedingungen dagegen wirken. Prof.`in Dr. Annick De Houwer beschrieb auch, dass den Eltern sogar oft geraten wird, die Minderheitssprache zuhause nicht mehr zu verwenden, was allerdings keine Vorteile beim Erlernen der deutschen Sprache bringt. Zudem sei es moralisch unakzeptabel und nicht vereinbar mit der UN-Konvention für Kinderrechte, die 1992 von Deutschland ratifiziert wurde.
Anschließend fand eine von Prof. Dr. Becker-Mrotzek moderierte Podiumsdiskussion mit Prof.`in Dr. De Houwer, Hr. Dr. Schlieben von der CDU, Fr. Westphal von der FDP und der Dezernentin für Bildung, Jugend und Sport Fr. Dr. Klein statt. In der Diskussion betonte Herr Dr. Schlieben, dass die Politik das Thema Mehrsprachigkeit sehr ernst nähme und zur Förderung von bilingualen Gruppen in den Kindergärten finanzielle Förderung zur Verfügung gestellt wird. Prof.`in Dr. Annick De Houwer wies darauf hin, dass in der Sprachdiagnostik meist nur die deutsche Sprache erfasst wird und weitere Sprachen bei Kindern, die zweisprachig aufgewachsen, ignoriert werden. Frau Westphal machte deutlich, dass das Wohlbefinden – ein zentraler Punkt im Vortrag von Prof.`in Dr. De Houwer – eine wichtige Rolle spielt und die sprachlichen Ressourcen auch im Übergang in das Bildungssystem wahrgenommen und berücksichtigt werden müssen. Nach der Diskussion gab es noch die Möglichkeit für einen informellen Austausch sowie eine Abfrage des ZMI für die konkreten Bedarfe der Akteurinnen und Akteure.
Die Veranstaltung wurde von Stephanie Ortelbach visuell per Graphic Recording dokumentiert.
Das ZMI präsentiert sich auf der Didakta 2019
Das ZMI gestaltete einen Stand für den Fachtag „Gelebte MehrSprachigkeit in Krippen, Kitas und Schulen“ am 21. Februar 2019. Der Fachtag fand im Rahmen des Bildungsmesse Didakta (19.-23. Februar 2019) statt und wurde von der FMKS – frühe Mehrsprachigkeit an Kitas und Schulen e.V. organisiert. Der fmks ist ein bundesweit agierender gemeinnütziger Verein, in dem sich Ehrenamtliche für alle Aspekte des frühen Fremdsprachenerwerbs und der Mehrsprachigkeit einsetzen. Den Fachtag besuchten insbesondere Erzieher*innen und Lehrer*innen, aber auch andere Fachkräfte aus dem Bereich der Sprachförderung sowie Interessierte aus der Wissenschaft.
Den Hauptvortrag der Veranstaltung hielt Prof. Dr. Andreas Rohde von der Universität Köln, der das weit verbreitete Prinzip „Eine Person – eine Sprache“ kritisch diskutierte. Zudem wurden zahlreiche Workshops angeboten, wobei hier Wissenschaftler*innen ebenso wie Erzieherinnen aus bilingualen Kitas oder Praktiker aus dem Bereich der Literatur- oder Museumspädagogik zu den Dozierenden zählten. Somit verband die Veranstaltung Perspektiven aus Forschung und Praxis.
Das ZMI stellte bei der begleitenden Ausstellung seine Projekte zur Förderung der Mehrsprachigkeit vor, wobei vor allem Konzepte zur Sprachförderung im Elementarbereich als auch die alltagsintegrierten Sprachförderung im Mittelpunkt standen. ψ
6. Kölner Lesekonzert
Zentralbibliothek Köln, 26. September 2019
Am 26. September 2019 fand zum sechsten Mal das „Kölner Lesekonzert“ statt, bei dem Schülerinnen und Schüler von Kölner QuisS-Schulen (QuisS – Qualität in sprachheterogenen Schulen) selbst verfasste Texte in einer öffentlichen Lesung in der Zentralbibliothek Köln vorlasen.
Über 90 Schülerinnen und Schüler hatten sich an dem Schreibwettbewerb beteiligt. Die meisten der eingereichten Texte waren im Unterricht entstanden, z. B. im Rahmen einer Unterrichtsreihe zum Generativen Schrei-
ben, in Anlehnung an literarische Vorgaben oder nach formellen Vorgaben wie Elfchen oder Rondell. Einige Texte entstanden aber auch, weil Gedanken einfach auf das Papier drängten. Ohne die Ermutigung und Hilfestellung der betreuenden Lehrerinnen und Lehrer hätten viele dieser Texte das Licht der Öffentlichkeit wohl nicht erblickt, weswegen ihnen an dieser Stelle ein ganz besonderer Dank für ihre unermüdliche Arbeit ausgesprochen werden soll. Unendlich schade wäre es nämlich, wenn diese Texte unentdeckt geblieben wären, denn die jungen Autorinnen und Autoren hatten sich auf beeindruckende Weise mit wichtigen Fragen rund um gesellschaftspolitische Themen wie Klimawandel, Digitalisierung, Herkunft, Heimat und dem Leben an sich auseinandergesetzt und für ihre Gedanken und Ideen wunderbare ästhetisch-poetische Formen gefunden.
Von Anfang an war das „Kölner Lesekonzert“ eine Kooperationsveranstaltung der Arbeitsstelle Migration der Bezirksregierung Köln zusammen mit dem ZMI – Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration und der Stadtbibliothek Köln. Auch bei der 6. Auflage konnte dank der bewährt guten Zusammenarbeit der drei Partner einigen jungen Autorinnen und Autoren, die sich mit ihren Texten beworben hatten, sowohl die Teilnahme an einer 2-tägigen Schreibwerkstatt mit dem Kölner Autor Manfred Theisen ermöglicht werden, als auch die Abschlussveranstaltung in der Zentralbibliothek Köln stattfinden. Den Schülerinnen und Schülern beim Vortrag ihrer eigenen Texte zuzuhören sorgte bei vielen Zuhörerinnen und Zuhörern für den ein oder anderen Gänsehautmoment. Den Abschluss bildete ein Auftritt der Gruppe „FutureKids“ unter der Leitung von Brixx, die im Rahmen des Projekts „talentCAMPus“ der Volkshochschule Köln ihre musikalische Performance mit selbst geschriebenen mehrsprachigen Texten erarbeitet hatte.
Durch das Projekt konnte auch dieses Mal wieder unter Beweis gestellt werden, dass das Schreiben, und hier besonders das Schrei-
ben ästhetisch-poetischer Texte, für die heutigen Schülerinnen und Schüler sehr wohl einen hohen Stellenwert hat und
u. a. eine Möglichkeit bietet, sich mit wichtigen Fragen unserer Zeit auseinanderzusetzen.
Bericht BiSS-Regionalkonferenz am 9. Oktober 2019
Am 09.10.2019 fand in der Bezirksregierung Köln die Kooperationsveranstaltung des Ministeriums für Schule und Bildung, der Bezirksregierung Köln und der Landesweiten Koordinierungsstelle Kommunale Integrationszentren (LaKI) statt.
180 Dezernent*innen, Schulaufsichten, Schulleitungen, Lehrkräfte, Wissenschaftler*innen, Kooperationspartner*innen sowie institutionalisierte Partner*innen konnten sich auf dieser BiSS-Transfer-Regionalveranstaltung mit dem Titel „BiSS-NRW: Transfer in die Region“ über:
• die Arbeit der BiSS-Verbünde in der Region
• nachhaltige Ergebnisse und Gelingensbedingungen der BiSS-Arbeit
• Marktstände mit gelungenen, bewährten Produkten
• und über entstandene Netzwerkpotenziale aus der Verbundarbeit der BiSS-Verbünde
der Bezirksregierung Köln informieren sowie vielfältige Workshop-Angebote nutzen.
Prof. Dr. H.-J. Roth (BiSS-Trägerkonsortium, Mercator-Institut für Sprachförderung und Deutsch als Zweitsprache, Universität zu Köln) bereicherte die Regionalveranstaltung mit seinem Vortrag „BiSS-Transfer: Chancen und Herausforderungen“ und den Workshop „Das BiSS- Blended-Learning-Angebot“.
Die beiden BiSS-Verbünde aus der Primarstufe „Die DemeK-Literaturwoche“ und „Mehrsprachiges Reziprokes Lesen“ sowie die zwei BiSS-Verbünde aus der Sekundarstufe „QuisS mit BiSS“ und „Die Sprache der Mathematik verstehen und anwenden – Unterrichtsbeispiele zur durchgängigen Sprachbildung“ stellten Praxiserfahrungen aus ihrer 6-jährigen Konzeptarbeit zur sprachlichen Bildung vor. Die Marktstände boten die Gelegenheit, persönlich mit den Beteiligten des jeweiligen Verbundes in Kontakt zu kommen und konkret erarbeitetes Verbund-Material zu sichten. In den sehr gut besuchten Workshops wurde die Verbundarbeit näher erläutert und mit praktischen Übungsbeispielen aufgelockert. Die Rückmeldungen zu den Workshops sowie zu den Marktständen fielen äußerst positiv aus und es ist mit dieser BiSS-Regionalkonferenz sicherlich gelungen, weitere Schulen für die Themen Sprachbildung, Sprachförderung, Sprachdiagnostik und Professionalisierung von Lehrkräften zu interessieren und zu gewinnen.
Fortbildungstag Deutsch
Der „Fortbildungstag Deutsch – Fremdsprache, Zweitsprache, Herkunftssprache“ fand am 16. November 2019 an der Universität Bonn statt. Die Veranstaltung findet seit 2010 jährlich im Wechsel an der Universität zu Köln und der Universität Bonn statt und wird in Verantwortung des ZMI – Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration in Kooperation mit den Universitäten Bonn und zu Köln sowie den Volkshochschulen Bonn und Köln durchgeführt.
Der Fortbildungstag Deutsch bietet allen an schulischer als auch außerschulischer sprachlicher Bildung beteiligten Fachkräften vielfältige Weiterbildungsmöglichkeiten zu didaktischen und methodischen Gestaltungsmöglichkeiten von Sprachlernprozessen, die Altersstufen von der Primarstufe bis zur Erwachsenenbildung umfassen. Durch einen Fachvortrag, ein vielseitiges Angebot an Workshops sowie einer Ausstellung wird ein umfassender Überblick über neueste Entwicklungen rund um das Thema Sprachenlernen ermöglicht.
Mit insgesamt 244 Besucher*innen war die Veranstaltung zum wiederholten Mal ausgebucht. Die Teilnehmenden konnten am Vormittag sowie am Nachmittag zwei von insgesamt 22 Workshops auswählen, die wichtige Aspekte des DaZ-Unterrichts wie z.B. Leseförderung, Grammatikvermittlung, freies Sprechen oder phonologische Bewusstheit umfassten. Kreative Formen des Sprachenlernens aus der Theater- und Dramapädagogik als auch durch die Auseinandersetzung mit Songtexten oder Poetry Slam wurden erprobt, der sinnvolle Einsatz neuer Medien wie beispielsweise Apps diskutiert. Darüber hinaus wurden Workshops zur Aktivierung der Mehrsprachigkeit im Unterricht oder zur berufsbezogenen Kommunikation sowie Fachsprache angeboten.
Den Plenarvortrag hielt Prof. Dr. Karin Kleppin von der Ruhr-Universität Bochum. In
ihrem Vortrag stellte sie sinnvolle Feedbacktechniken vor, die Schüler*innen und Schülern hilfreiche Orientierung zum Weiterlernen bereitstellen. Solche Feedbacks beziehen nicht nur die unmittelbar gezeigte Leistung, sondern auch das vorhandene Potenzial der Lernenden mit ein. Somit erhalten die Lernenden die Möglichkeit, ihre Stärken wahrzunehmen, zu aktivieren und ihre sprachlichen Kompetenzen gezielt weiterzuentwickeln.
Während des Fortbildungstages fand in der Aula des Hauptgebäudes eine Ausstellung von Fachverlagen und Partnern statt. Aussteller waren: Bundeszentrum für Ernährung, DVV (Deutscher Volkshochschul-Verband e.V.), DW (Deutsche Welle), Museumsdienst Köln, ZfA (Zentralstelle für das Auslandsschulwesen), Cornelsen Verlag, Finken-Verlag, Hueber Verlag, Klett Verlag, LingoPlay, Mildenberger Verlag und telc.