Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit – Internationaler Tag der Muttersprache
von Sevinç Topal • Artikel im ZMI Magazin 2023, S. 21
Natürliche Mehrsprachigkeit ist mehr als eine Ressource; sie ist Teil der Identität und Spiegel unserer diversen, transkulturellen Gesellschaft. Daraus resultiert eine Verantwortung für die Politik und für Bildungsträger zur Förderung von Mehrsprachigkeit, insbesondere der natürlichen Mehrsprachigkeit. Dieser Verantwortung gehen jedoch das Eingeständnis und die Einsicht voraus, dass Menschen, deren Herkunftssprache nicht Deutsch ist, keine Ausnahme, sondern die Regel sind. Die Anerkennung und Förderung von Mehrsprachigkeit sind erklärte Ziele des ZMI – Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration, welches vor diesem Hintergrund seit 2022 auch Maßnahmen und Veranstaltungen im Rahmen des „Internationalen Tages der Muttersprache“ durchführt und unterstützt.
Der „Internationale Tag der Muttersprache“ ist ein UNESCO-Gedenktag zur „Förderung sprachlicher und kultureller Vielfalt und Mehrsprachigkeit“ und wird seit dem Jahr 2000 weltweit am 21. Februar gefeiert. Der Gedenktag geht auf einen Antrag Bangladeschs an die UNESCO im Jahr 1999 zurück. In Bangladesch wird am 21. Februar all jener gedacht, die an diesem Tag im Jahr 1952 bei einer Demonstration gegen den Beschluss des pakistanischen Regimes, ausschließlich Urdu zur allgemeinen Amtssprache des Landes zu erheben, ihr Leben verloren. Alle Versuche des Regimes, die Bengalische Sprache, die Schrift und die Kultur zu unterdrücken, scheiterten: 1971 erklärte Bangladesch seine Unabhängigkeit. Die Landessprache ist seitdem Bengali. 2002 wurde die Bedeutung des „Internationalen Tages der Muttersprache“ in einer Resolution der Generalversammlung der Vereinten Nationen hervorgehoben. Dort heißt es, „dass die Vereinten Nationen für die Mehrsprachigkeit als Mittel der Förderung, zum Schutz und zur Erhaltung der Vielfalt der Sprachen und Kulturen auf der ganzen Welt eintreten“. Betont wird, „dass eine echte Mehrsprachigkeit die Einheit in der Vielfalt sowie die internationale Verständigung fördert“.
In unserer heutigen diversen und transkulturellen Gesellschaft, in der Mehrsprachigkeit die Regel ist, ist dies von besonderer Bedeutung. In Köln lebten beispielsweise Ende 2021 rund 40,5 % Menschen mit internationaler Familiengeschichte. Vielfalt, Transkulturalität und Multilingualität prägen damit das Leben und Zusammenleben in der Kölner Stadtgesellschaft. Um Vielfalt und Mehrsprachigkeit sichtbar zu machen, hat das ZMI in Zusammenarbeit mit dem EUROPOLIS e. V. anlässlich des „Internationalen Tages der Muttersprache“ 2022 erstmals Veranstaltungen im Kölner Großraum geplant und mitgestaltet. Für eine breite Öffentlichkeit zugänglich fanden drei gut besuchte Lesungen polnisch-deutscher Kinderbücher statt, die musikalisch begleitet wurden. Das gemeinsame Lesen und Singen hatte für die Besucher*innen unterschiedlichster Herkunft eine verbindende Wirkung. Das Ziel der Veranstaltungen war es, Kindern einen ungezwungenen Umgang mit ihrer Herkunftssprache zu vermitteln und Eltern zu ermutigen, mit ihren Kindern ihre Herkunftssprache zu sprechen und zu lesen und diese wertzuschätzen.
2023 steht in Köln der Februar sogar ganz im Zeichen des Gedenktages. Das ZMI hat dazu einen digitalen Kalender mit 21 Türchen eingerichtet. Hinter jedem Türchen werden sich Medien und Zitate zum Thema Mehrsprachigkeit und Sprachförderung verbergen. Die Interkulturellen Zentren der Stadt Köln, der Verbund Europäischer Grundschulen sowie Kulturvereine organisieren zwei- und mehrsprachige Kulturveranstaltun-gen, wie Theateraufführungen, Chorauftritte, Lesungen und Konzerte im gesamten Kölner Raum. Alle Veranstaltungen sind auch in einem Eventkalender auf der Homepage des ZMI gebündelt, um Interessierten einen Überblick zu bieten. Die Organisator*innen freuen sich auf eine breite Beteiligung aus der Kölner Stadtbevölkerung.