Eltern mit internationaler Familiengeschichte mischen mit

Eltern mit internationaler Familiengeschichte mischen mit

von Afifa Jebbar • Artikel im ZMI Magazin 2023, S. 28

Alle Eltern haben eines gemeinsam: Sie wollen das Beste für ihre Kinder. Das gilt gleichermaßen für Eltern mit internationaler Familiengeschichte wie für Eltern ohne. Eltern, die neu zugewandert sind oder eine internationale Familiengeschichte haben, sind im deutschen Bildungssystem jedoch häufig mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Teilweise bestehen Sprachbarrieren und es fehlen den Eltern wichtige Informationen oder sind für diese schwer zugänglich. Die aktive Beteiligung am Schulgeschehen fällt dadurch oft schwer.

Das Projekt „Eltern mischen mit – Mitwirken heißt verändern!“ setzt genau hier an. Es wird seit 2019 vom Elternnetzwerk NRW in Kooperation mit dem Kommunalen Intergrationszentrum (KI) Köln durchgeführt und vom Ministerium für Schule und Bildung sowie dem Ministerium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration des Landes NRW gefördert. Eltern, die selbst eine internationale Familiengeschichte haben, können sich zu Elternmoderator*innen fortbilden, um als solche nach dem Motto „Eltern helfen Eltern“ Informationsveranstaltungen und Gesprächsrunden für andere Eltern mit internationaler Familiengeschichte anzubieten und dabei ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben.
Die Fortbildung der Elternmodera-tor*innen wird durch Mitarbeiter*innen des Kommunalen Integrationszentrums durchgeführt. An insgesamt vier Terminen an Wochenenden werden die zukünftigen Elternmoderator*innen unter anderem zu den Themen Schulsystem, Partizipationsmöglichkeiten in der Schule , Möglichkeiten der Kontaktaufnahme mit anderen Eltern mit internationaler Familiengeschichte, Grenzen der Mitwirkung sowie Aufgaben der Schulsozialarbeit geschult. Die guten Kenntnisse des deutschen Bildungssystems sind wichtig, um dieses sehr anspruchsvolle und komplizierte System als Elternmoderator*in so einfach wie möglich erläutern und offene Fragen der Eltern klären zu können. Eigene Erfahrungen – beruflich und als Elternteil – sowie Freude an der Arbeit mit Kindern und Familien sind für die Elternmoderator*innen neben den inhaltlichen Kenntnissen ebenfalls sehr wertvoll. Durch die eigenen Erfahrungen können Eltern, die ebenfalls eine internationalen Familiengeschichte haben sowie neuzugewanderte Eltern verständnisvoll und empathisch unterstützen werden. Elternmoderator*innen haben dabei häufig eine Brückenfunktion: Zum einen zwischen Eltern untereinander, um Erfahrungsaustausch zu ermöglichen, und zum anderen zwischen Eltern und Schule. Die jeweiligen Herkunftssprachen der Elternmoderator*innen spielen dabei eine große Rolle, wenn nicht die Hauptrolle: Die Mehrsprachigkeit hilft, die Eltern zu verstehen, zu erreichen und Vertrauen aufzubauen und ist daher das wichtigste Instrument der Elternmoderator*innen. Ein zentrales Ziel des Projektes ist es auch, Eltern zu aktivieren, zu motivieren und zu stärken, damit diese sich selbst in der Schule bzw. den Schulen ihrer Kinder engagieren.

2020 und 2021 konnten – trotz der schwierigen Corona-Situation – mehrere Veranstaltungen durch Eltermoderator*innen in Schulen organisiert werden, um Eltern mit einer internationalen Familiengeschichte über das Schulsystem aufzuklären. Dabei hat sich gezeigt, dass es bereits viele Positivbeispiele für eine gute Zusammenarbeit zwischen Schulen und Eltern gibt. Die Veranstaltungen wurden in deutscher Sprache präsentiert, die zur Verfügung stehenden Materialien sind sowohl auf Deutsch als auch in vielen unterschiedlichen Sprachen erhältlich. Das Projekt ermöglicht die niederschwellige Durchführung an den unterschiedlichsten Orten, eben dort, wo auch Eltern zu finden sind. Beispielsweise wurde eine Veranstaltung im interkulturellen Zentrum des IN VIA e.V. durchgeführt. Die Eltern waren sehr neugierig und stellten viele Fragen, die sich vorrangig auf die konkrete Unterstützung des Kindes in der Schule sowie auf die Kommunikation mit der Lehrkraft bezogen. Die Sprachbarriere war und ist natürlich ein großes Problem, aber durch den Einsatz der Elternmoderator*innen kann bei solchen Veranstaltungen auf beide Seiten eingegangen und gegebenenfalls übersetzt werden. Außerdem können die Elternmoderator*innen zu Gesprächen mit der Lehrkraft begleiten. Die Mutter eines Kindes, bei dem ADHS diagnostiziert wurde und das Schwierigkeiten in der Schule und zuhause hatte, wünschte beispielsweise ein Gespräch mit der Lehrerin und wurde durch eine Elternmoderatorin begleitet. Im gemeinsamen Gespräch lag der Fokus bei allen Beteiligten darauf, die beste Lösung für das Kind zu finden. Durch diese gemeinsame Haltung konnten Schritte erarbeitet werden, die zunehmend zu einer Verbesserung der Situation des Kindes führten. Die Arbeit der Elternmoderator*innen zeigt auf solche Weise direkte und konkrete Wirkung.
Die Arbeit der Elternmoderator*innen macht deutlich, wie wichtig im Kontext der schulischen Bildung der Kontakt mit Eltern ist, insbesondere mit denjenigen, die eine internationale Familiengeschichte haben und die beispielsweise aufgrund sprachlicher Barrieren oder Unsicherheiten weniger in das Schulgeschehen integriert sind. Vor allem die Kinder würden davon profitieren, wenn Lehrkräfte, Schulleitungen und auch Schulsozialarbeiter*innen (noch) mehr auf die Eltern zugehen, ein offenes Ohr für ihre Probleme und Anliegen haben und sich auf deren Fragestellungen und Themen einlassen. Gleichzeitig ist es wichtig, dass Eltern mit internationaler Familiengeschichte den Mut aufbringen und die Sicherheit gewinnen, sich selbst in Schule einzubringen. Sie sollen und dürfen „mitmischen“ – in Elternräten und Elternpflegschaften – und für ihre Bedürfnisse als Eltern und die ihrer Kinder einstehen.
Das Projekt „Eltern mischen mit – Mitwirken heißt verändern!“ ist 2022 mit der Zertifikatsverleihung ausgelaufen und es bleibt zu hoffen, dass eine Verstetigung des Projektes beispielsweise über die Anbindung an den interkulturellen Dienst gelingen kann, damit das Netzwerk der Elternmoderator*innen weiter wachsen kann.

Als Elternmoderatorin im Projekt „Eltern mischen mit – Mitwirken heißt verändern!“
Die Arbeit als Elternmoderator*in ist immer auch eine persönliche Bereicherung, da persönliches Engagement, eigene Erfahrungen und der eigene sprachliche und internationale Familienhintergrund das sind, was die Türen in der Zusammenarbeit öffnet. Daher möchte ich diesen Beitrag persönlich nutzen, um meinen Dank an Frau Dr. Dikbas vom KI Köln sowie Frau Götz von INVIA e. V. auszudrücken. Ich bin glücklich, Teil dieses Projektes gewesen zu sein. Durch die Arbeit als Elternmoderatorin haben sich für mich auch weitere berufliche Türen geöffnet, so bin ich Leiterin der Arabischen Frauengruppe im Flüchtlingszentrum Fliehkraft geworden und ich berate für den Verein Zurück in die Zukunft e.V.
Ich hoffe sehr, dass das Projekt „Eltern mischen mit – Mitwirken heißt verändern!“ fortgesetzt werden kann, damit es auch in Zukunft Brücken schlägt und Eltern zum „Mitmischen“ motiviert.