talentCAMPus 2016: Empowerment – kein Kind zurück lassen

talentCAMPus 2016: Empowerment – kein Kind zurück lassen

Irmgard Coerschulte • Artikel im ZMI Magazin 2016, S. 35

Unabhängig von der sozialen Herkunft soll jeder junge Mensch die bestmöglichen Bildungschancen erhalten. Mit dem Programm „Kultur macht stark. Bündnisse für Bildung“ fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung außerschulische Angebote der kulturellen Bildung.
Das Projekt talentCAMPus fand in Köln in den Herbstferien vom 10.-21. Oktober statt. 250 zum großen Teil neu zugereiste Kinder und Jugendliche im Alter von 10-18 Jahren nahmen an Workshops zu vielfältigen Themenbereichen teil. Unter den Angeboten fand sich Trommeln, Rap, Tanz und Chorsingen. Es wurde gezeichnet, fotografiert, geschneidert, gekocht, mit Ton gearbeitet und es wurden Roboter gebaut und programmiert. Der talentCAMPus ist ein Kooperationsprojekt der Volkshochschule Köln, der Lernenden Region – Netzwerk Köln und des Kommunalen Integrationszentrums Köln. Idee und Konzept stammen von der Volkshochschule, die auch für die Planung und Umsetzung verantwortlich ist.
Adressatinnen und Adressaten des talentCAMPus sind in Köln vornehmlich neu zugewanderte Kinder und Jugendliche. Auch in diesem Jahr war der Andrang groß. Von den 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmern kamen mehr als die Hälfte aus den Ländern Syrien, Irak, Iran, Simbabwe, Somalia, Senegal, Kongo, Äthiopien und Afghanistan.
Ziel des Projektes ist es, Kreativität und Kompetenzen der Teilnehmenden zu fördern. Die Kinder und Jugendlichen werden ermutigt, ihre Stärken und Talente zu erforschen, interkulturell Kontakte aufzubauen und Freundschaften zu schließen. Die Kenntnisse der deutschen Sprache werden mit Hilfe von Wortschatzkästchen und vielfältigen Sprachspielen erweitert. All dies hilft, den Übergang in eine Regelklasse vorzubereiten und nicht zuletzt hilft es dabei, sich in Köln wohl zu fühlen.

Lernen in Workshops
Die Workshops fanden von montags bis freitags jeweils von 9 bis 17 Uhr in den VHS-Häusern in Mülheim und Kalk statt. Kosten entstanden den Teilnehmerinnen und Teilnehmern nicht. Das Mittagessen war kostenlos und Schülertickets wurden ebenfalls gestellt. Die Mittagspause war „bewegt“, d.h. nach dem Essen gab es Angebote wie Sport, Gymnastik und Entspannung, die von Trainern des Mülheimer Sportvereins „Ringer- und Raufer“ angeleitet wurde.
Jeder Teilnehmer und jede Teilnehmerin hatte die Möglichkeit, an insgesamt vier verschiedenen Workshops teilzunehmen und so verschiedene Dinge auszuprobieren. Dabei gingen die Dozenten und Dozentinnen auf den jeweiligen Kenntnisstand der Teilnehmenden ein. „Die Kinder werden da abgeholt, wo sie sind“, sagte Frau Pohlmann-Jochheim, Leiterin des Programmbereichs „Politische und Kulturelle Bildung“ der VHS.
In den meisten Workshops gab es am Ende ein Produkt: Beim Cajon-Workshop beispielsweise bauten die Teilnehmenden selbst ihre eigene Trommel. Aus einem einfachen Bausatz wurde eine Cajon, die sie individuell bemalten und schmückten. Danach übten sie in der Runde einige Grooves, alle mit ihren eigenen Instrumenten.

Talente entdecken
Die „Community-Reporter“ fanden kreative Wege, ihre eigenen Fluchterfahrungen zu verarbeiten: Sie stellten anderen Teilnehmerinnen und Teilnehmern die Fragen „Wie geht es Menschen, die fliehen?“ und „Wie kann man ihnen helfen?“. Die Interviews wurden filmisch dokumentiert, mit zusätzlichem Material aus den Fotokursen ergänzt und am Computer bearbeitet. Es entstanden berührende Filmsequenzen. „Es war eine tolle Erfahrung, in dieser Gruppe zu arbeiten.“ sagte eine Teilnehmerin.
In manchen Musikworkshops standen die verschiedenen Sprachen, über die die Teilnehmenden verfügen, im Fokus: So sangen die Teilnehmenden des Chorworkshop einen Popsong erst auf Deutsch, dann auf Französisch und schließlich Albanisch. Die Gruppe „Hip Hop und Rap“ arbeitete mit der Rapperin Brixx zusammen. Die Jugendlichen erarbeiteten ihre Rap-Texte selbst und nahmen sie dann auf.
Viele Gruppen produzierten greifbare Produkte: dekorative Sonnen aus Ton, kreativ beklebte und bemalte Regenschirme und schmackhafte Gerichte. Die Nähgruppe erstellte stylische Oberteile, phantasievolle Taschen und Rucksäcke.
Die unterschiedlichen Begabungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer konnten in diesem Jahr auch durch MINT-Angebote (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik) besonders gefördert werden. Der Workshop „Roboter bauen und programmieren“ stieß auf großen Zuspruch. Die Jugendlichen bauten mit speziellen Lego-Materialien Roboter, die sie danach frei programmieren konnten.
Für die Erweiterung des deutschen Wortschatzes erhielt jede Schülerin und jeder Schüler ein sogenanntes Schatzkästchen. Darin sammelten sie auf Karteikarten alle für sie interessanten neuen Wörter und schrieben die Bedeutung in der Muttersprache jeweils auf die Rückseite. So konnte jeder Teilnehmende individuell am eigenen Wortschatz arbeiten. Die Arbeit am Wortschatz fand sowohl während der Workshops als auch in Gesprächsrunden statt.
Zusätzlich zu den Workshops wurden vielfältige Exkursionen unternommen, auf denen die Kinder und Jugendlichen die Stadt Köln und ihre kulturellen Angebote kennenlernen konnten. Sie besuchten das Stadtmuseum zum Thema Heimat und die Sonderausstellung „Pilgern“ im Rautenstrauch-Joest-Museum, die Stadtbibliothek und auf Anregung eines Schülers, der schon im letzten Jahr am talentCAMPus teilgenommen hatte, den KVB-Betriebshof.

Abschlusspräsentation im Rautenstrauch-Joest Museum
Die diesjährige Abschlussveranstaltung fand im VHS-FORUM im Erdgeschoss des Rautenstrauch-Joest-Museums statt. Eltern und Familien der Teilnehmerinnen und Teilnehmer waren zahlreich erschienen. Im Eingangsbereich wurden die Besucherinnen und Besucher mit selbst gebackenen Plätzchen aus dem Kochkurs überrascht; zahlreiche Plakate dokumentierten die Ergebnisse der Workshops.
Einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer zogen zum Auftakt der Veranstaltung mit ihren selbst gestalteten Regenschirmen ins FORUM ein. Dort wurde ein umfangreiches Programm aus den verschiedenen Workshops geboten: Ausdruckstanz, Trommeldarbietungen, Chorgesang in verschiedenen Herkunftssprachen, Hip Hop, Foto- und Film-Präsentationen zu verschiedenen Themen. Es war erstaunlich zu sehen, was die Kinder und Jugendlichen in der kurzen Zeit auf die Beine stellen konnten, was auch vom Publikum mit lautstarkem Beifall honoriert wurde.
Veranstalterinnen und Veranstalter sowie teilnehmende Kinder und Jugendliche waren sich einig: Eine Fortsetzung des talentCAMPus im nächsten Jahr ist unbedingt erwünscht!