IKUS an der Katharina-Henoth-Gesamtschule

IKUS an der Katharina-Henoth-Gesamtschule
Ein Rückblick des Projektes IKUS aus der Sicht einer schulischen Tandempartnerin

von Hilal Günday • Artikel im ZMI Magazin 2012, S. 26

Den Auftakt bildete eine Lehrerfortbildung zum „Interkulturellen Lernen“, an dem 25 Lehrkräfte und auch vier Schülerinnen teilnahmen. Vor allem das Einbeziehen dieser Schülerinnen brachte neue Blickwinkel und Themen in die Fortbildung hinein. Sie beschrieben aus ihrer Sicht kulturelle Unterschiede bei der Wahrnehmung von Lehrkräften als auch von Schülerinnen und Schülern, die den Lehrkräften bis dahin gar nicht bewusst waren. So fühlten sich einige von ihnen in ihrem Unterricht dadurch gestört, dass Schülerinnen und Schüler beispielsweise zum Nase putzen den Raum verließen, wohingegen diese dies aus Respekt vor den Anderen machten. Ähnlich auch die Deutung der Lehrkräfte, dass Schülerinnen und Schüler, die ihnen nicht ins Auge sehen können, etwas zu verbergen haben. Dabei gilt es u.a. in der türkischen Kultur als überaus respektlos, wenn Jüngere älteren Menschen direkt ins Auge schauen.
Der im Weiteren durchgeführte Themenfindungsworkshop, an dem sich etwa 35 Lehrkräfte und genauso viele Schülerinnen und Schüler aus den Jahrgangsstufen 6 bis 13 beteiligten, wurde dann zum Selbstläufer. Die teilnehmenden Personen entwickelten mit größtem Engagement Ideen für eine Traumschule, an der sich ALLE wohl- und verstanden fühlen. Schon der Austausch dieser Ideen führte dazu, dass sich vor allem die Schülerinnen und Schüler in dem, was sie an kulturellem Wissen mitbringen, respektiert fühlten.
Viele dieser Ideen konnten wir im Folgenden als Tandem in Modulen umsetzen.
Genannt sei die jahrgangsübergreifende AG „Interkulturelle Begegnungen“ unter Leitung der Kollegin Renate Klepzig, in der verschiedene kulturelle und religiöse Stätten unter dem Fokus der Gemeinsamkeiten, wie z.B. die Architektur romanischer Kirchen und Moscheen unter der Thematik „Die islamische Kuppel“, besichtigt wurden. Nicht zuletzt durch die Visualisierung der Ergebnisse in der Schule entstand ein offener Austausch über Religionen in der gesamten Schulgemeinschaft.
Besonders interessant war die Fahrt mit einer gemischten Schülergruppe in die Türkei, in der diese in Gastfamilien untergebracht wurden und vor Ort eine Privatschule besuchten. Hier trafen ganz andere Welten aufeinander: Unsere Kölner Schülerinnen und Schüler auf Mitglieder der „upper-class“, unsere aus eher bildungsfernen Familien stammenden Jugendlichen auf Akademiker, unsere aus eher konservativ-religiösen Familien stammenden türkischen Kinder auf westlich-orientierte Laizisten. So wurden in dieser Woche vor allem die türkischstämmigen Schülerinnen und Schüler Kulturbotschafter ganz eigener Art!
Auch sei die interkulturelle Klassenfahrt der 8B nach Rudolstadt genannt. Über erlebnispäda-gogische Aktionen wurde hier die Auseinandersetzung mit der Vielfalt und dem Potenzial der Klassengemeinschaft angeregt. Zudem nahmen acht Schülerinnen und Schüler an dem Pilot-Verfahren des Kompetenznachweises Interkulturell teil, der ihnen kurz danach schon bei den Bewerbungen auf ihre gewünschte Praktikumsstelle förderlich war.
Rückblickend sind durch IKUS mögliche Vorbehalte der Lehrkräfte gegenüber den ihnen anvertrauten Schülerinnen und Schüler und auch umgekehrt aufgebrochen worden, so dass der Umgang miteinander nun viel offener als zuvor ist.
Eine Schule bzw. Gemeinschaft, bei der die Hälfte der Schülerinnen und Schüler und ein Viertel der Lehrkräfte einen Migrationshintergrund hat, funktioniert nur dann, wenn sie sich auf Augenhöhe und ehrlich miteinander auseinandersetzt!

IKUS: Neue Bildungsmodelle für mehr Toleranz und interkulturelles Verständnis an Schulen

14 Schulen im Regierungsbezirk Köln und Fachkräfte der Internationalen Jugendarbeit nahmen am im Sommer 2009 gestartetem IKUS Projekt teil. Ziel des Projekts ist es, neue Bildungsmodelle zu entwickeln, die den veränderten Lebenswirklichkeiten junger Menschen in einer globalen Gesellschaft Rechnung tragen. Die Grundidee ist durch die Bezirksregierung Köln und Transfer e.V. entwickelt worden. Auf dieser Basis ist das Kooperationsprojekt IKUS – Interkulturelles Lernfeld Schule – entstanden. IKUS wurde von IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. – koordiniert. Eine Steuergruppe aus Vertretern des BMFSFJ, der Bezirksregierung Köln, dem Landesjugendamt Rheinland, transfer e.V. und dem Arbeitskreis gemeinnütziger Jugendaustauschorganisationen (AJA) unterstützte und beriet die Koordinierungsstelle. Das Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration (ZMI) fördert für das Nachfolge Projekt „JIVE“ die Ausbildung von Lehrkräften, die zukünftig als fachlichen Experten den teilnehmenden Schulen zur Verfügung stehen.

„Handlungsempfehlungen und Perspektiven einer erfolgreichen Kooperation von internationaler Jugendarbeit und Schule“ – Publikation: „Interkulturelles Lernfeld Schule“
Die Publikation stellt Eindrücke und Ergebnisse des dreijährigen Pilotprojektes „Interkulturelles Lernfeld Schule“ (IKUS) vor und möchte es Akteuren in internationaler Jugendarbeit und Schule Impulse für die eigene Arbeit liefern und zur Nachahmung anregen. IKUS war das bundesweit erste Modellprojekt, das eine erfolgreiche Kooperation von internationaler Jugendarbeit und Schule ermöglichte und neue Modelle der Zusammenarbeit und neue Formen der interkulturellen Kompetenzvermittlung für verschiedene Schulformen entwickelte, umsetzte und wissenschaftlich erforschte. Wichtig war dabei die Kooperation mit allen Schulformen – von der Förderschule bis zum Gymnasium. Zu dieser Publikation ist auch eine CD-Rom mit einer Materialsammlung beigefügt, die aus den im Projekt entwickelten und erprobten Lehr-Lern-Modulen besteht. Sie soll allen, die Schule als interkulturelles Lernfeld entdecken und weiterentwickeln wollen, nicht nur als motivierende Anregung dienen, sondern auch das erforderliche Handwerkszeug liefern.

Die Publikation kann gegen eine Schutzgebühr von 5,00 Euro zzgl. 0,85 Euro Porto hier (https://www.ijab.de/aktivitaeten/qualifizierung-und-qualitaet/interkulturelles-lernfeld-schule-ikus/interkulturelles-lernfeld-schule-ikus/a/show/neue-ijab-publikation-interkulturelles-lernfeld-schule/
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