Der Mann, der sogar die Sonne repariert – türkischer Herkunftsprachenunterricht im Rautenstrauch-Joest-Museum

Der Mann, der sogar die Sonne repariert – türkischer Herkunftsprachenunterricht im Rautenstrauch-Joest-Museum

von Karin Rottmann, Gudrun Grauenson und Aysel Arsakay • Artikel im ZMI Magazin 2013, S. 28

Dank der Bereitschaft des ZMI – Zentrum für Mehrsprachigkeit und Integration, Sprachprogramme im Museum zu fördern, war es dem Museumsdienst Köln möglich, in einer Reihe von Pilotprojekten verschiedene Ansätze zu erproben (vgl. Rottmann, ZMI-Magazin 2011, S. 10-11). Aus den ersten Ansätzen, Fortbildungen für Herkunftsprachenlehrerinnen und -lehrer in den städtischen Museen Kölns anzubieten, ist eine kontinuierliche und enge Zusammenarbeit zwischen dem Museumsdienst Köln, dem ZMI und dem Schulamt für die Stadt Köln entstanden. Museumspädagoginnen und -pädagogen sowie Lehrkräfte des Herkunftssprachlichen Unterrichts entwickeln nun gemeinsam Konzepte und erproben die Programme mit ihren Schülerinnen und Schülern.
Gemeinsam mit Lehrkräften des Herkunftssprachlichen Unterrichts Türkisch wurde Ende 2013 ein museumspädagogisches Projekt im Rautenstrauch-Joest-Museum abgeschlossen. Zuvor besuchten die Lehrkräfte über zwei Schulhalbjahre eine Fortbildung, in der sie mit museumspädagogischen Inhalten vertraut gemacht wurden, um diese für die Arbeit mit ihren Schülerinnen und Schülern zu nutzen. Die Kinder konnten das Gelernte am „Deutsch-türkischen Familientag“, den der Museumsdienst Köln am 1. Dezember 2013 im Rautenstrauch-Joest-Museum ausrichtete, öffentlich präsentieren.
Das Rautenstrauch-Joest-Museum bietet die Möglichkeit, Ausstellungsstücke aus allen Teilen der Welt in ihrer Vielfalt kennenzulernen. In der Fortbildung unter Leitung der Ethnologin und Museumspädagogin Gudrun Grauenson wurde zunächst das deutschsprachige Programm im Museum vorgestellt. Anschließend wurde gemeinsam mit den Lehrerinnen und Lehrern ein Konzept entwickelt, wie diese Inhalte im Herkunftssprachenunterricht sprachlich und didaktisch vorbereitet und bei einem durch die Lehrpersonen selbständig durchgeführten Museumsbesuch umgesetzt werden können. Ausgewählten Exponaten aus dem Nahen Osten und insbesondere der (heutigen) Türkei wurde dabei besondere Aufmerksamkeit zuteil. Obwohl die Lehrkräfte das Rautenstrauch-Joest-Museum kannten, waren doch alle überrascht und erfreut darüber, Objekte ihrer Herkunftskultur in einem Kölner Museum vorzufinden und entdeckten darin ein großes Potential – nicht nur für ihren Unterricht.
Als Arbeitsgrundlage für die Fortbildung wurde der Einstieg über ein Kinderbuch gewählt, das bereits in einem deutschsprachigen Angebot des Museumsdienstes Köln Verwendung findet. Das deutsch-türkische Kinderbuch „Der Mann, der sogar die Sonne repariert“ des türkischen Autors Behiç Ak2 wurde als Rahmengeschichte für die Arbeit im Museum genutzt. Das Kinderbuch erzählt die Geschichte von Herrn Kadir, der alles reparieren kann. Dabei vermittelt er den Kindern in seinem Dorf, dass alle Gegenstände eine Geschichte haben und auch alte Dinge erhaltenswert sind. Daraufhin wollen die Kinder nichts mehr wegwerfen und stellen allen Dingen „Personalausweise“ aus, in denen sie ihre „Lebensgeschichten“ festhalten. Diese Idee haben wir auf das Museum übertragen, wo die Schülerinnen und Schüler – ange-regt durch die literarische Geschichte –
„Ausweispapiere“, d.h. Objektausweise für ausgewählte Exponate erstellten. Die beteiligten Schülerinnen und Schüler wurden so zu kleinen „Museumsexpertinnen und -experten“. Sie lernten, sich das Museum aktiv anzueignen und in der Beschäftigung mit den musealen Inhalten im Herkunftssprachlichen Unterricht erweiterten sie zugleich ihren türkischen Wortschatz.
Im zweiten Fortbildungshalbjahr erarbeiteten die Lehrkräfte und ihre Schülerinnen und Schüler die Texte und Präsentationen vor den Exponaten und erprobten die Arbeitsabläufe im Museum. Höhepunkt bildete der „Deutsch-türkische Museumstag“ am 1. Dezember 2014 im Rautenstrauch-Joest-Museum, an dem die jungen Museumsexpertinnen und -experten ihren Eltern, Geschwistern, Großeltern und weiteren Besucherinnen und Besuchern ausgewählte Ausstellungsobjekte auf Türkisch vorstellten und erläuterten. Der Tag war ein großer Erfolg und wir hoffen, dass im Kreis der jungen Museumsexpertinnen und -experten und ihrer Familien das Interesse an Museen auch weiterhin wach bleibt.
Das Fortbildungsteam des Museumsdienstes Köln hat jedenfalls schon Pläne für künftige Projekte: So soll eine Ausstellung mit Objekten aus dem (heutigen) türkischen Raum im Rautenstrauch-Joest-Museum realisiert werden. Aber auch Projekte für die Zusammenarbeit mit Lehrkräften des Herkunftssprachenunterrichts in weiteren Sprachen und in anderen Kölner Museen sind in Vorbereitung. Das Interesse ist groß und der Museumsdienst Köln wird sich gerne diesen Aufgaben stellen.