Meine ganz persönlichen Erfahrungen mit Delfin 4
von Katja Frede • Artikel im ZMI Magazin 2009, S. 23
Leah schaute mich mit ihren großen Kulleraugen durchdringend an, doch meine Fragen wollte sie nicht beantworten.Dogukan dagegen war nicht zu bremsen und breitete seine ganze Lebensgeschichte vor mir aus. Innerhalb kürzester Zeit waren wir dicke Freunde. Dilara dagegen hätte gerne meine Fragen beantwortet, wenn sie auch nur annähernd verstanden hätte, was ich von ihr wollte. Lisa war dann endlich so weit mitzumachen, als sie auf dem Schoß ihrer Mutter saß und mit einer kleinen Süßigkeit bestochen worden war.
Trotz der Durchführung von 250 bis 300 Testsituationen pro Jahrgang kam keine Langeweile auf, da jedes Kind anders reagierte – und somit auch anders behandelt werden musste. Und spätestens in der Einzelprüfung war es möglich, jedes Kind zum Reden und Mitmachen zu bewegen.
Sehr positiv herauszuheben ist die durchweg gute und kooperative Zusammenarbeit mit den Kindertagesstätten. Ohne ihren unermüdlichen Einsatz wäre die Durchführung von Delfin 4 kaum möglich gewesen. Allerdings reagierten einige Erzieher anfänglich auch verunsichert, da ja schließlich eine Lehrperson in die Einrichtung kam und sie sich persönlich beobachtet fühlten. Doch dieses kleine Problem konnte in Gesprächen ausgeräumt werden, zumal deutlich wurde, wie gut die Erzieher den Entwicklungsstand der Kinder einschätzen konnten. In fast allen Fällen wurde ihre Einschätzung durch den Test bestätigt.
Inzwischen haben zwei Jahrgänge Delfin 4 durchlaufen. Die Durchführung erforderte viel Zeit, so dass ich teilweise wochenlang nicht in der Schule anwesend war und meiner normalen, für mich sehr wichtigen Arbeit nicht nachgehen konnte. So musste die intensive Betreuung und Förderung der Schulkinder in der Schuleingangsphase, bei denen teilweise erheblicher Förderbedarf festgestellt wurde, ersatzlos ausfallen. Viele mühsam errungene Erfolge waren nach der langen Pause völlig zunichte, da das tägliche Üben einfach zu lang ausgefallen war und aufgrund der niedrigen Merkfähigkeit auch nicht an dem damaligen Wissensstand angeknüpft werden konnte. Es ist so wichtig, dass endlich eine frühe Feststellung des Sprachstandes und nach anfänglichen Schwierigkeiten auch eine Förderung stattfindet. Gerade in diesem Alter sind die Kinder so offen und lernbereit, dass es schade ist, diese Zeit nicht intensiv zu nutzen. Es zeigt sich,
dass eine dem Kind angemessene und zielgerichtete Förderung, die einige Kinder brauchen, nicht im normalen Alltag eines Kindergartens zu leisten ist.
Im Schuljahr 2009/2010 werden die ersten Kinder, die Delfin durchlaufen haben, eingeschult. Ich bin gespannt, wie die Lernausgangslage dieser Kinder sein wird. Denn wenn diese Kinder eine altersgerechte Sprachentwicklung erreicht haben, hat sich die viele Arbeit gelohnt und der hohe Ausfall von Förderstunden in den vorangegangenen zwei Jahren hätte zumindest eine gewisse Berechtigung. So bereite ich mich guten Mutes auf die neue Runde vor.