Und das sollen Ferien sein?

Und das sollen Ferien sein?

von Franz Legewie • Artikel im ZMI Magazin 2009, S. 27

Um 8:30 Uhr werden die Studenten schon von den ersten Kindern erwartet. Und das in den Schulferien. Die Eltern haben keinen Urlaub. Wenn sie überhaupt Arbeit haben, ist Schulferienzeit im Herbst keine Jahresurlaubszeit. Zum Ferienprogramm haben sich 30 Kinder aus dem Offenen Ganztag angemeldet. Das sind Schülerinnen und Schüler der Gemeinschaftsgrundschule An St. Theresia in Buchheim, alle im Krankenhaus Köln-Holweide geboren. 30 Kinder mit Namen, die die globalisierte Welt in der Schule spiegeln: deutsch, türkisch, polnisch, russisch, italienisch, iranisch, marokkanisch. Viele Kinder leben in sogenannten bildungsfernen Familien – manche haben noch nie erlebt, dass der Familienunterhalt durch Berufstätigkeit erbracht wird.

„Miteinander Leben – Voneinander Lernen“ heißt es im Schulprogramm. Da geht es nicht nur um interkulturelles Schulleben, da geht es auch und vor allem um kompetenzorientiertes Lernen mit der Perspektive aktiver Lebensbewältigung. Schulisches Lernen im Unterricht vermittelt sich über Sprache, in allen Fächern, auch in Mathematik. Mehr als 80 % unserer Kinder wachsen zweisprachig auf, viele gemischtsprachig, in beiden Sprachen mit reduziertem Entwicklungsstand. Mündlich kommen alle in beiden Sprachen irgendwie zurecht. Systematische Schriftsprachentwicklung ist das Gebot der Zeit, vorrangig in Deutsch, an unserer Schule in Deutsch und in Türkisch. Alle Muttersprachen werden anerkannt und einbezogen, leider haben wir nur einen Lehrer für den Herkunftssprachlichen Unterricht Türkisch.
Aber jetzt sind Ferien. Das bedeutet für viele Kinder Langeweile pur und Alleinsein oder gar Einsamkeit. Wir wissen, dass die meisten unserer Kinder den Tag verkonsumieren: Fernsehen, Spielkonsole, mal auf dem Spielplatz, so oft wie möglich McDonalds und Toys´R´us. Und dann kommt das Angebot: Ein Ferienprogramm in der Schule, 30 Kinder mit zehn Studentinnen und Studenten, zwei Wochen lang Theaterspielen, Ideen entwickeln, ausprobieren, aufschreiben, malen und jeden Tag wird frisch gekocht von unseren berühmten Küchenfeen. Das zieht! Auch im Schulalltag stellen wir schon länger fest, dass Kinder gerne in die Schule kommen. „Hurra, es sind Ferien!“ rufen die wenigsten.
Sprachförderung zum Ausgleich von Defiziten in den Ferien? Indirekt schon, aber mit dem Blick auf die Hebung von Potenzialen, an der Kreativität ansetzen, persönliche Präsenz, Können und Erfolgserlebnisse in den Vordergrund stellen. Kinder (und Erwachsene) entwickeln sich über Bestätigung und Erfolg.
Zehn engagierte Studentinnen und Studenten, die sich theoretisch im Seminar mit Frau Prof. Claudia-Maria Riehl mit Mehrsprachigkeit auseinandersetzen, praktische Theaterarbeit mit Maria Gorius trainieren und daraus eigene Konzepte entwickeln, diese praktisch mit Kindern umsetzen, die Kinder einbeziehen, variieren und auf eine Bühnenaufführung konzentrieren.
Ein großes Erlebnis für alle Beteiligten. Stolze Eltern bewundern ihr Kind auf der Bühne, Kinder erleben Applaus nach Anstrengung und Lampenfieber. Studenten äußern den Wunsch, die Beziehung zu den Kindern zu halten.
Sprachförderung in den Ferien? Dieses Ferienprogramm ist viel mehr. Kinder und Erwachsene sind sicher: Das muss fortgesetzt werden.