Zweite Auflage des Gedichtwettbewerbs GEDICHTE DICHTEN

Zweite Auflage des Gedichtwettbewerbs GEDICHTE DICHTEN

von Francesca Casale • Artikel im ZMI Magazin 2020, S. 25

In diesem besonderen Schuljahr fand die zweite Auflage des GEDICHTE DICHTEN-Projekts statt. Es wurde haupt-sächlich in der ersten Hälfte des Schuljahres durchgeführt und fand seinen Höhepunkt in den Lesungen am 03. und 04. März. Einige Tage später war es wegen des Coronavirus schon nicht mehr möglich, Unterricht oder kulturelle Veranstaltungen in Anwesenheit von Kindern durchzuführen. GEDICHTE DICHTEN war eine der letzten Zusammenkünfte von Kindern, Eltern und Lehrkräften vor der Schließung.

Bei GEDICHTE DICHTEN handelt es sich um einen Gedichtwettbewerb, dessen Ziel es ist, den kreativen Gebrauch von Sprache sowie die Freude am spielerischen und kreativen Lernen zu fördern. Ein weiterer wesentlicher Teil des Projekts ist die Förderung und Verbesserung der Mehrsprachigkeit. Das GEDICHTE DICHTEN-Projekt konnte dank der wertvollen künstlerischen Mitarbeit des Dichters Frantz Wittkamp realisiert werden, der seine Gedichte für die Arbeit der Kinder zur Verfügung stellte und die Kinder bei den Lesungen persönlich begleitete.

GEDICHTE DICHTEN wurde mit dritten und vierten Klassen aus Schulen durchgeführt, die das DemeK-Konzept anwenden. Sechs Schulen schlossen sich dem Projekt an, davon drei in Köln-Kalk und drei in Köln-Mülheim (GGS Ahlwipp, GGS An St. Theresia, GGS Kopernikusstraße, Grüneberg-Schule, GGS Lustheider Straße, GGS Weimarer Straße). Da in diesem Jahr nur Schulen aus diesen Stadtteilen teilnahmen, zeichnete sich der Wettbewerb durch einen starken lokalen Bezug aus.
Der Wettbewerb war in zwei Phasen unterteilt: Die erste fand in den Schulen selbst statt. Die Schulen erhielten eine Auswahl der Gedichte von Frantz Wittkamp, die den Kindern als Vorlage für das Verfassen eigener Gedichte dienten. Die Kinder hatten dadurch die Möglichkeit, eine bereits vorhandene Struktur zu nutzen und diese mit eigenen Inhalten zu füllen. Die Ironie, Verspieltheit und Leichtigkeit der Gedichte führten die Kinder an poetische Kompositionen heran und ermutigten sie dazu, in den eigenen Kompositionen mit Sprache zu spielen. Die erste Lesung der Kindergedichte fand dann ebenfalls in den Schulen statt. Anschließend wählten die LehrerInnen einige Texte aus, die einer Jury zugesandt wurden. Diese setzte sich aus VertreterInnen des Schulamts, der Schulentwicklung der Stadt Köln sowie des ZMI zusammen. Die Jury-Mitglieder wählten dann pro Schule drei Gedichte aus, die öffentlich vorgelesen werden würden, wobei ein Kriterium war, dass mindestens eines der Gedichte in einer anderen Sprache als Deutsch verfasst war.
In der zweiten Phase fanden öffentliche Lesungen statt, an denen etwa hundert Kinder teilnahmen. Als Orte hierfür wurden die Stadtteilbibliotheken ausgewählt – Orte der Kultur und des Zusammenkommens, die den meisten Kindern bekannt sind und die eine Rolle in deren täglichem Leben spielen. Die Lesungen wurden von Frantz Wittkamp moderiert, der die Kinder auf die Bühne einlud, sie beim Vorlesen ihrer Gedichte begleitete und auch seine eigenen Gedichte gemeinsam mit den Kindern vortrug.
Zum Schluss erhielten die Kinder ein Heft, in dem alle Gedichte Platz fanden, die an die Jury geschickt worden waren, und auch die Bibliotheken erhielten ein kostenloses Exemplar.

Die kreativen und verspielten Gedichte erhielten viel Anerkennung und Lob und auch Frau Hegemann vom Schulamt der Stadt Köln betonte die Bedeutung der Ergebnisse, die von den Kindern erzielt wurden. Ein Mädchen aus der vierten Klasse erfand beispielsweise ihre eigene Geschichte über den Flug der Raben:

Warum Raben fliegen?
Weißt du, warum Raben fliegen?
Sie mögen es nicht zu liegen.
Zuerst konnten sie nur laufen,
doch dann fingen sie an sich zu raufen.
Beim Raufen haben sie sich geschlagen
und einer musste in den Krankenwagen.
Im Krankenhaus wurde er behandelt,
dann hat er sich verwandelt.
Plötzlich bewegten sich die Flügel
und der Rabe wollte zum Hügel.
Nun gingen die Flügel rauf und runter
und der Rabe war munter.

Er brachte alle Raben bei
am Ende fliegen alle frei.

Von Seyma Uludag, 4. Klasse

Sogar ein Kind der zweiten Klasse hatte Spaß daran, ein kurzes Gedicht zu verfassen.

Der Panda frisst Bambus.
Der Bambus bricht ab,
weil er sich erschrocken hat.

Von Almira Kunt, 2. Klasse

Der kreative und spielerische Umgang mit Sprache ermöglichte es den Kindern, emotionale oder kognitive Blockaden beim Lernen zu überwinden und so auf eine andere Weise über grammatischen Strukturen nachzudenken.

Ein weiteres Element, auf das in dem Projekt großen Wert gelegt wurde, ist die Mehrsprachigkeit. Beim ersten GEDICHTE DICHTEN-Wettbewerb gab es neben Deutsch sechs verschiedene Sprachen: Arabisch, Rumänisch, Englisch, Türkisch, Kölsch und Italienisch. Mit Unterstützung von Lehrkräften und Eltern konnten sich die Kinder in den Sprachen, die Teil ihres kulturellen Hintergrunds sind, kreativ ausdrücken. Sie erhöhten damit ihr sprachliches Potenzial und fanden dafür anschließend Würdigung in der öffentlichen Präsentation. .

In diesem Jahr gehört auch der Kölner Dialekt zu den vertretenen Sprachen:

Der Kölner Dom der kann nicht fliegen.
Der Kölner Dom der kann nicht liegen.
Er weiß nicht, wie man Flämisch spricht.
Doch traurig ist er deshalb nicht.

Auf Kölsch:
Dä Kölner Dom dä kann nit fleege.
Dä Kölner Dom dä kann nit liege.
Hä wieß nit, wie mer Flämisch schwaad.
Doch bedrövis hä doröm nit.

Von Ksenia Prochniki, 3. Klasse

Viele der poetischen Kompositionen der Kinder in anderen Sprachen berücksichtigten Metrik und Reim.

Auf Rumänisch:
Sarpele nu poate s-a fuga.
Sarpele nu poate s-a cumpere.
Nu stie, s-a vorbesca Romineste.
Dar suparat nu este.

Auf Deutsch:
Die Schlange kann nicht laufen.
Die Schlange kann nicht kaufen.
Sie weiß nicht, wie man Rumänisch spricht.
Doch traurig ist sie deshalb nicht.

Von Antonietta Chirita, 3. Klasse

Die Wertschätzung der Mehrsprachigkeit könnte bei zukünftigen GEDICHTE DICHTEN-Wettbewerben noch weiter ausgebaut werden, indem den Kindern auch Gedicht-vorlagen in anderen Sprachen zur Verfügung gestellt werden und so dem sprachlichen Potenzial von Kindern noch mehr Raum gegeben wird. Da alle Kinder unabhängig von ihrem sprachlich-kulturellen Hintergrund eingeladen sind, sich an dem Projekt zu beteiligen, und der Umgang mit Sprache eine freiere, spielerische Dimension als in üblichen Unterrichtssituationen erhält, können sich den Kindern neue Wege erschließen, sich auszudrücken und Freude an der Sprache zu entwickeln. Auch das Vortragen eigener Werke in Begleitung eines Künstlers trägt dazu bei, dass die Kinder ein Bewusstsein für die Wirkung von Sprache entwickeln und trainieren, eigene Produkte vor Publikum zu präsentieren. Das Projekt ist also in der Tat ein lohnenswertes Format, mit dem aus pädagogischer und didaktischer Sicht interessante Ergebnisse erzielt werden können.