Endlich Anerkennung

Endlich Anerkennung

von Nina Giaramita und Jolanta Boldok • Artikel im ZMI Magazin 2013, S. 37

Es ist ein viel transportiertes Bild – das des hochqualifizierten Taxifahrers, der auf Grund der fehlenden Anerkennung seines ausländischen Berufsabschlusses seinem erlernten Beruf in Deutschland nicht nachgehen kann. Diese Gruppe von Menschen hat seit dem Jahr 2012 endlich bessere Möglichkeiten, ihre im Ausland erworbenen Qualifikationen anerkennen zu lassen. Denn im April 2012 trat das „Gesetz zur Verbesserung der Feststellung und Anerkennung im Ausland erworbener Qualifikationen“ bundesweit in Kraft.

Seitdem besitzen zugewanderte Menschen einen Rechtsanspruch darauf, ihre im Ausland erworbenen Berufs- und Studienabschlüsse in Deutschland bewerten zu lassen. Zu diesen Berufen gehören die sogenannten reglementierten Berufe mit staatlich geregeltem Zugang, unter anderem Ärztinnen und Ärzte, Kranken- und Pflegeberufe, Apothekerinnen und Apotheker sowie Handwerksmeisterinnen und Handwerksmeister in 41 Berufen. Auch bei Abschlüssen in nicht reglementierten Berufen und vielen Ausbildungsberufen des dualen Systems kann nun beurteilt werden, ob die ausländische Berufsqualifikation der deutschen entspricht.
Für die Umsetzung des Gesetzes in Köln engagiert sich ein Runder Tisch als Gremium des Kommunalen Bündnisses für Arbeit in Köln. Am Runden Tisch wirken mit: Arbeitgeber Köln e.V., Agentur für Arbeit Köln, Deutscher Gewerksachaftsbund/Region Köln-Bonn, Handwerkskammer zu Köln, Industrie- und Handelskammer zu Köln, jobcenter Köln, Kreishandwerkerschaft Köln und die Stadt Köln. Der Runde Tisch in Kooperation mit dem Projekt „Lernen vor Ort“ erstellte eine Broschüre, die die Anerkennungssuchenden und Institutionen, die migrationsspezifisch und beschäftigungsorientiert in Köln beraten, über das Gesetz informiert. Die in sechs Sprachen erschienene Broschüre enthält unter anderem Hinweise zu Berufsabschlüssen, Bewertungs- und Anerkennungsverfahren und über die für Köln zuständigen Stellen für die Antragstellung.
Diese Stellen prüfen, ob eine „Gleichwertigkeit“ zwischen dem ausländischen Berufsabschluss und einem deutschen Referenzberuf besteht – völlig unabhängig vom Herkunftsland der Antragstellerinnen und Antragsteller. Wichtig dabei ist, dass keine „wesentliche[n] Unterschiede“ bestehen dürfen. Es gehe um das „volle Berufsbild“, so Stephan Harbich von der Kölner Handwerkskammer. Seine bisherige Bilanz: „Wenige Antragsteller erhalten einen Ablehnungsbescheid.“ Viele müssten jedoch an Anpassungslehrgängen teilnehmen. Dies sieht der Gesetzgeber vor, falls nicht die vollständige „Gleichwertigkeit“ mit einer deutschen Qualifikation festgestellt werden kann. Die Branchenschwerpunkte im Handwerk lagen im Bereich Elektro – und Kfz-Technik. Darüber hinaus erkundigten sich auch viele Friseurinnen und Friseure nach Anerkennung ihres Berufsabschlusses. Ein Großteil der bisherigen Antragsteller stammte aus der Türkei und Polen.
Für Nordrhein-Westfalen liegen erste Zahlen bezüglich der Gesamtzahl der Antragstellerinnen und Antragsteller vor. Laut der Statistischen Landesbehörde gingen in der Zeit von April bis Dezember 2012 2.538 Anträge auf Anerkennung von ausländischen Abschlüssen ein. Die mit großem Abstand meisten Verfahren betrafen medizinische Gesundheitsberufe. In dem Bereich wurden rund 1.500 Anträge gestellt. Knapp 50 Prozent der Antragstellerinnen und Antragssteller kamen aus der Europäischen Union. Insgesamt wurden gut 1.600 Anträge bereits entschieden; in 1.209 Fällen wurde die Berufsqualifikation vollständig anerkannt.
Da das bundesweit geltende Anerkennungsgesetz jedoch nicht alle Berufe umfasst und die Zulassung zur Ausübung vieler reglementierter Berufe durch Bundesländer geregelt wird, gilt seit Juni 2013 nun auch ein Landesanerkennungsgesetz. Das neue nordrhein-westfälische Gesetz umfasst über 160 Berufe, darunter Ingenieurinnen und Ingenieure, Architektinnen und Architekten sowie Erzieherinnen und Erzieher. Auch diese waren vorher vielfach gezwungen, als Hilfskräfte zu arbeiten – dabei werden ihre fachlichen Qualifikationen in Deutschland dringend gebraucht. Die Anerkennung dieser Berufe wird unter anderem von der Bezirksregierung Köln vollzogen. Auch hier ist die Erfahrung, dass es „oftmals Anpassungsmaßnahmen“ bedarf. Manchmal stellt sich jedoch auch heraus, dass ein Anerkennungsverfahren wenig sinnvoll ist – weil beispielsweise die Qualifikationen wegen des technischen Fortschritts nicht mehr nutzbar sind. Dann haben die Betroffenen jedoch die Möglichkeit, sich ausführlich beraten zu lassen und gegebenenfalls nach Alternativen Ausschau zu halten.